6. Die 1. VdT-Hochschulfachtagung zum Projekt „Offene Hochschule“

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Der Verein der Techniker e. V. nahm im Frühjahr 2012 Kontakt mit den Hochschulen aus dem Projekt „Offene Hochschule“ auf und lud diese zu einer nicht öffentlichen Fachtagung in die Berliner Technikerschule ein. Nach der Eröffnung und Begrüßung durch Herrn Platzek, OStD, Generalsekretär, VdT, referierte dieser zur Voraussetzung für die Zulassung in die Technikerschule und stellte im Anschluss die Berliner Technikerschule und die Fortbildung zum Techniker vor.

1. Vorstellung der Berliner Technikerschule und deren kompetenzorientierte Lehrpläne

Rechtliche Voraussetzung zum Besuch einer Technikerschule:

  • Abgeschlossene Erstausbildung und min. 1 Jahr Praxis als Facharbeiter/Geselle.

Die Berliner TS ist Angebotsschule für den Jobmarkt von ca. 1300 Studierenden.

  • 1/3 Tagesform
  • 4 Semester
  • 5-6 Tage Unterricht
  • 34 Std. pro Woche

Abbruch in der Regel aus Geldmangel, nicht aus fehlender Motivation.

  • 2/3 Abendform
  • 8 Semester
  • 3 Abende und Samstag (Labor)
  • 14 Std. pro Woche

Die Abendform wird oft durch die Firmen unterstützt, die Studierenden sind hoch motiviert. E-Learning-Kurse sind hinterlegt, es wird zurzeit aber keine Lernfortschrittsteuerung durchgeführt.

Die Sommer- und Wintersemester sind etwa deckungsgleich mit den Hochschulen. Laut einer Umfrage bei den Studierenden beabsichtigen 50 % der Absolventen in den nächsten Jahren zu studieren, davon 10 % im Anschluss nach der Technikerschule. Im Bereich Mint-Berufe sind ca. 11 % Frauen.

Alter: Das Gros ist zwischen 25-30 Jahre.

Lehrpläne / Fortbildung zum Techniker

Die Schule erstellt ihre Lehrpläne nach Genehmigung durch das Ministerium selbst in Abstimmung mit der Wirtschaft. Die Berliner TS ist Angebotsschule für den Jobmarkt.

Es wird zunächst „lernen zum Lernen gelehrt“. Praxisorientierter Unterricht „Die sagen, was Sie im Betrieb machen, wir lernen, warum und wie Sie das machen“.

  • Inputorientierter Unterricht
  • Kompetenzorientierte Rahmenlehrpläne / Module (wurden durch Folie vorgestellt)

2. Einwurf vonseiten der Hochschulen:

Modularisierte Handbücher, wie bei den Hochschulen, würden dies vereinfachen, um so ein Anrechnungsverfahren z. B. eine Checkliste zu entwickeln (Punkteanerkennung).

Vereinfachung bei großem Einzugsgebiet der Hochschulen:

            1. Einzelfallregelung

            2. Regelungen mit Schulen

            3. Regelungen für Techniker / Fachbereiche

Was ist mit der Anerkennung von Modulen, wenn diese ca. 75 % deckungsgleich mit den Hochschulmodulen sind?

Es stellte sich die Frage: Wie soll verfahren werden, wenn Teilinhalte fehlen?

Wie will man verhindern, dass Inhalte doppelt vermittelt werden?

Bei der Anrechnung soll aber auch kein Flickenteppich entstehen. Hochschulgesetze ermöglichen die Anrechnung bis zu 50 %, die Frage ist aber die Umsetzung bei einem Flickenteppich.

Generelle Anerkennung:

  • Anerkennung des Lehrplans und der Kompetenzbeschreibungen der Technikerschulen durch die Hochschulen.
  • Anerkennung von Leistungen aus anderen qualifizierten Aus- u. Fortbildungen seitens der Hochschulen.

3. Ist eine Qualitätssicherung vorhanden, wären Mustervereinbarungen denkbar.

  • Level of Trust

Die Frage nach zusätzlichen Prüfungen von Absolventen in den Technikerschulen bezüglich ihrer Studierfähigkeit (gegenseitige Vertrauensbasis Hochschule / Technikerschule) wird diskutiert, da Zugangsberechtigungen zur Hochschule oft nichts mit der tatsächlichen Reife anhand der Kenntnisse zu tun haben. Damit ist gemeint: Ein Zeugnis und der damit verbundene Hochschulzugang muss noch lange nichts darüber aussagen, ob derjenige nicht im ersten oder zweiten Semester mangels Vorbildung abbricht (nicht jeder „packt“ ein Studium).

  • Einzelne Vorlesungen könnten erlassen werden.
  • Aber keine Ausdünnung von Vorlesungen.
  • Dafür Besuch von Vorlesungen z. B. Mathe / Physik / Chemie

4. Die Techniker/Projektarbeit

Das Thema Technikerarbeit wurde umrissen und auch Ihr Niveau besprochen. Die Technikerarbeiten können in Kooperation mit der Wirtschaft erstellt werden, damit ist eine Finanzierung über Drittmittel möglich.

5. Im Anschluss folgte eine Diskussion zum Studium.

  • 6 Semester + Praxissemester = 180 Punkte
  • 8 Semester = 210 Punkte

6. Anrechnung von Leistungen (z. B. Maschinenbau)

Die Möglichkeiten der Anrechnung wurden vonseiten der Hochschulen kritisch diskutiert, da es hier unterschiedliche Ansichten gab (hier fand eine allgemeine Diskussion statt).

  • Die Grundlagenkurse in Mathematik etc. eignen sich weniger zur Anrechnung, da dort die größten Defizite bei den potentiellen Studierenden identifiziert werden können.
  • Unproblematisch für die Anrechnung erscheinen hingegen alle Kurse mit hohem Praxisanteil, z. B. auch Praxissemester.
  • Denkbar wäre die Anerkennung von Mechanik 1 und 2.
  • Mechanik 3 wurde als kritisch gesehen.

7. Praxissemester

Bei berufsbegleitenden Studiengängen könnte auf das Praxissemester verzichtet werden.

  • Differenzierung nach Noten bei Anrechnung von Leistungen auf Technikerschulen
  • Vorläufige Anerkennung mit Vorbehalt der Rückstufung
  • Eine Alternative zu Eignungsprüfungen stellt das Studium auf Probe dar, dass auch zur Umgehung der Notenproblematik einen Weg darstellen könnte.

Daher stellt sich die Frage, welche Kernkompetenzen muss ein Techniker z. B. zum Studium vorweisen, sodass Mathe 1 u. 2 anerkannt wird?

  • Prüfungen / Punktevergabe
  • Module werden auch ohne Unterricht und Prüfung mit Punktevergabe anerkannt.
  • Daher ist es wichtig, hier ein übersichtliches Modulhandbuch zu haben.

Hier stellt sich die Frage, wie muss das Handbuch einer Technikerschule geschrieben sein? Ein Muster einer Checkliste sollte erarbeitet werden.

Die ersten richtigen Erfahrungsberichte zur Durchlässigkeit und Öffnung der Hochschulen erwartet man ab 2015.

8. Techniker / Masterstudiengänge

Im Anschluss wurde über das Projekt der FH-Darmstadt „vom Meister zum Master“ diskutiert. Dieses sei in kaum einem Bundesland möglich.

  • Zurzeit 13 Techniker/Meister im Studium
  • Vorkurs
  • Überbrückungskurs
  • Auswahlverfahren
  • Prüfung

9. Besuch der Labore der Berliner Technikerschule

Der Abschluss der Tagung bildete der Besuch der Labore:

  • Kraft- und Arbeitsmaschinen
  • Steuerungstechnik
  • Automatisierungstechnik

In diesen findet die Grundausbildung an industrieüblichen Geräten statt. An praxisrelevanten Anlagen werden projekthaft Inbetriebnahme und Fehlerbeseitigung erlernt.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vonseiten der Hochschulen zeigten sich von der guten Ausstattung überrascht und äußerten sich anerkennend.

Der VdT kann eine sehr positive Resonanz aus seiner ersten Fachtagung mit den Hochschulen ziehen. Ein anschließend zusammenfassendes mehrseitiges Protokoll ging an die Politik und die Ministerien auf Bundes- und Landesebene.

Vonseiten der Spitzenverbände der Hochschulseite gab es im Vorfeld der Fachtagung eine hervorragende Zusammenarbeit und Unterstützung. Dafür möchten wir uns hiermit herzlichst bedanken.