Techniker und beruflichen Identität

Studie: Techniker/innen und Interessenvertretung – Zur Arbeitssituation und beruflichen Identität von Technikern

Autoren der hier vorgestellten im Jahr 2010 durchgeführten explorativen Studie sind Jürgen Strauß (Sozialforschungsstelle/Technische Universität Dortmund) und Roland Tutschner (Institut Technik und Bildung/Universität Bremen). Die Studie wurde von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert und vom VdT engagiert unterstützt.

Ziel war es, einen Beitrag zum Verständnis der Arbeitssituation und beruflichen Stellung staatlich anerkannter Techniker im Beschäftigungssystem und zu Möglichkeiten und Grenzen ihrer Interessenvertretung zu leisten. Damit wurde auf eine Informations- und Forschungslücke reagiert, die angesichts des absehbaren Fachkräftemangels, des zunehmenden Interesses an der „mittleren Qualifikationsebene“ (Meister, Techniker, Fachwirte etc.), an ihrer Wertigkeit und Zukunftsfähigkeit im Bildungs- und Beschäftigungssystem zunehmend als ein Defizit empfunden wurde.

Der Diskurs über Techniker konnte sich zu diesem Zeitpunkt  auf keine systematische empirische Forschung zu ihrer Arbeitssituation noch auf empirisch abgesicherte Kenntnisse von Orientierungen und Interessen von Technikern stützen. Auch über die Interessenvertretung von Technikern in Verbänden und Gewerkschaften lagen keine systematisch dokumentierten  Kenntnisse vor.

Vor diesem Hintergrund richtet sich die vorliegende explorative Studie auf drei Schwerpunkte:

- Sie liefert Daten zu Strukturen und Entwicklungen der Aus- und Weiterbildung und der Beschäftigung von Technikern. Im Vordergrund stehen dabei Daten zu Maschinenbau- und    Elektrotechnikern. Grundlage sind Erhebungen der Schulstatistik des Statistischen Bundesamtes und der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Die Daten zeigen, dass Technikerbeschäftigung und Technikerweiterbildung alles andere als Auslaufmodelle sind. Die Technikerbeschäftigung ist in den letzten zehn Jahren stabil geblieben. Für die Zukunft wird in Modellrechnungen ebenfalls ein stabiler, allenfalls ein leicht abnehmender Bedarf an Arbeitskräften mit Abschluss einer Meister- oder Technikerprüfung angenommen.

- Die Studie gibt Einblicke in die aktuelle Ausbildungs-, Arbeits- und Arbeitsmarktsituation der beiden größten Technikerfachrichtungen, der Maschinenbau- und Elektrotechniker. Arbeitseinsatz und Arbeitssituation stehen dabei im Zentrum. Die empirischen Befunde stützen sich, neben vielen Vor- und begleitenden Gesprächen, auf insgesamt 19 leitfadengestützte Expertengespräche: mit Maschinenbau- und Elektrotechnikern sowie mit Managementvertretern und Betriebsräten in fünf Betrieben, mit Vertretern von drei Technikerschulen, mit Vertretern der Geschäftsführung von vier Technikerverbänden und Sekretären von zwei Gewerkschaften. Die Gespräche dauerten in der Regel eineinhalb bis zwei Stunden, wurden auf Band aufgenommen, transkribiert und systematisch ausgewertet.

Die befragten Techniker repräsentieren eine große Bandbreite betrieblicher Einsatzfelder, Arbeitsfunktionen und betriebliche Leitungsfunktionen. Sie reichen von der Konstruktion über Prüfstandtechnik, Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement bis 

hin zu Störungsmanagement und Projektmanagement von Kundenaufträgen. Maschinenbau- und Elektrotechniker wurden vornehmlich in fertigungsnahen Spezialistenfunktionen gefunden. Sie sind dort häufig mit „Gewährleistungsarbeit“ betraut. In der Forschung und Entwicklung sind sie als Minderheit in der Funktion der Umsetzung von Entwicklungen tätig. Dort scheinen sie im Vergleich mit anderen Einsatzfeldern eher auf dem Rückzug zu sein.

Maschinenbau- und Elektrotechniker arbeiten häufig an betrieblichen Schnittstellen, sie fungieren als Bindeglieder zwischen Abteilungen und übernehmen Brückenfunktionen zwischen Facharbeitern und Ingenieuren. Man kann von einem technikertypischen Qualifikationsprofil sprechen. Es wird geformt durch eine spezifische Phasenabfolge ihrer beruflichen Sozialisation (Ausbildung, Weiterbildung, betriebliche Erfahrung), die zu einem auf dem  Arbeitsmarkt gefragten Profil führt. Es umfasst Fähigkeiten zu erfahrungsgeleitetem, pragmatischem Arbeiten; Fähigkeiten, fachlich und sozial zwischen Facharbeitern und Ingenieuren zu vermitteln („Brückenqualifikationen“) und die Fähigkeit als spezialisierter Einzelkämpfer zugleich kommunikativ nachallen Seitenzusein („kommunikativer Einzelkämpfer“).- Die Studie gibt einen problemorientierten Überblick über die Organisierung von Technikern in Verbänden und Gewerkschaften und behandelt in diesem Zusammenhang Fragen nach ihrer beruflichen Identität und nach Ansätzen und Hemmnissen ihrer Interessenvertretung. Neben den genannten Expertengesprächen stützt sie sich dabei auf Dokumenten-Analysen und Internet-Recherchen.

Technikerverbände, so zeigt die Erhebung, betreiben eine zum Teil sehr aktive und engagierte Lobbyarbeit zugunsten der beruflichen Stellung von Technikern. Diese Interessenvertretung wird allerdings durch die Fragmentierung der Verbände behindert, z.T. auch dadurch, dass vergleichsweise wenig Basisarbeit vor Ort betrieben wird. Bei den beiden einbezogenen Gewerkschaften finden sich unterschiedliche Organisationsansätze: eine übergreifende Organisation (Meister, Techniker, Ingenieure) und eine noch nicht abgeschlossene aktive Suche nach einer angemessenen Organisationsform.

Die Organisierung von Technikern wird, so unsere Hypothese, dadurch behindert, dass sie keine kollektive berufliche Identität aufweisen. Sie weisen zwar durchaus ein berufliches Selbst- und Kompetenzbewusstsein auf: Sie wissen, was sie können und sie erleben, dass ihr Können im Betrieb anerkannt wird. Dieses Selbstbewusstsein gründet sich aber vermutlich eher auf ihre Tätigkeit als auf ihre Weiterbildung zum Techniker und diese Tätigkeit führt häufig zu einer Anlehnung an die Bezugsgruppe der Ingenieure. Dies wird dadurch begünstigt, dass ihre Tätigkeit nicht selten typischen Ingenieurtätigkeiten entspricht oder gleichkommt. Hinderlich für eine kollektive berufliche Identität ist, dass sie überwiegend als Einzelkämpfer (oder einzeln in heterogen zusammengesetzten Teams) arbeiten, nicht in Techniker-Gruppen und somit kaum kollektive Arbeitserfahrungen als Techniker machen und sich darüber austauschen können. Hinzu kommt, dass ihr Qualifikations- und Tätigkeitsprofil in der Öffentlichkeit (anders als das von Meistern und Ingenieuren)  kaum bekannt ist beziehungsweise verkannt wird (z.B. Verwechslung mit Servicetechnikern).

Zusammenfassung von Jürgen Strauß

Ergänzung:

Wir bedanken uns für die Zusammenfassung bei Herrn Jürgen Strauß.

Studien, die vonseiten der Böckler-Stiftung finanziert werden, werden oft von den Gewerkschaften oder Institutionen, die mit ihr zusammenarbeiten, initiiert.

Daraufhin folgt der Projektantrag vonseiten der Institute und Wissenschaftler an die Böckler-Stiftung, im Rahmen dessen die Fachgewerkschaften gehört werden.

Im Vorfeld dieser Studie führten zwar der VdT Gespräche mit der Berufsbildungsabteilung des IG Metall Bundesvorstandes, wobei unser erster Ansprechpartner in Pension ging, aber die Unterlagen an den Bereich Angestellte weiter gab.

Mit dem Bereich Angestellte gingen die Gespräche weiter.

Parallel wurden Gespräche mit dem IG BAU (www.igbau.de) Bundesvorstand bezüglich einer Studie im Baubereich geführt. Erwähnenswert ist, dass es bei der IG BAU seit Jahren einen Arbeitskreis staatlich geprüfte Techniker gibt.

Am 12.09.2008 gab es ein Gespräch auf Einladung des IG-BAU-Bundesvorstandes an die DGB-Gewerkschaften, der Böckler- Stiftung und des VdT, an dem neben dem Gastgeber die Abteilungsleiter im Angestelltenbereich der Verdi und der IG-Metall und der Böckler- Stiftung teilnahmen. Entschuldigt waren weitere Gewerkschaften.

Es fand ein reger Austausch in Sachen Techniker statt Kern des Gespräches waren geplante Studien vonseiten der drei anwesenden Gewerkschaften und des VdT.

Man sprach über eine Vorfeld-Studie, die durchgeführt werden sollte, in der man sich einen Überblick über:

·         Den Abschluss,

·         Die Qualifikation,

·         Die Tätigkeit,

·         Tarifpolitische Einstufung,

·         Interessenslage / Interessensvertretungen

·         Politische Einflussnahme durch die Gewerkschaften verschaffen wollte, auf die weitere

          Studien aufbauen sollten.

Da die IG Metall hier schon in der Diskussion war, kam man überein, dass diese durchgeführt werden sollte.

Im Vorfeld der Studie gab es mehrere Sitzungen zwischen der IG Metall und dem VdT (also in unserer Freizeit, nach Feierabend oder an Samstagen).

Nach Abschluss der Studie wurde diese am 08. 09. 2012 im Rahmen eines Workshops vonseiten der IG M. vorgestellt.

Teilnehmer waren Betriebsräte, Funktionäre, hauptamtliche Mitarbeiter. Mit ihnen wurde im Anschluss eine offene und sachliche Diskussion geführt, bei der der VdT sehr deutlich seine Position bezog.

Es ist hier festzustellen, dass nur der VdT vonseiten der IG M. eingeladen wurde.

Vonseiten der IG-BAU wurde 2011 eine weitere Bautechniker-Studie initiiert, bei der der VdT die treibende Kraft war. Diese Studie wurde von Prof. Dr. Gerd Syben und dem TÜV - Rheinland durchgeführt und im Frühjahr 2012 abgeschlossen. Diese soll demnächst von uns vorgestellt werden.

Eine dritte Studie im Hochschulbereich soll wohl dieses Jahr noch abgeschlossen werden. Wir werden darüber berichten.